Bundesministerin Gewessler im Talk mit dem DamenLogistikClub
Am 18. Mai 2021 war es endlich soweit: in einem virtuellen Termin stand uns Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu einem Gespräch und für unsere Fragen zur Verfügung.
Die „gestandene Steirerin“, wie sie sich selbst bezeichnet, ist nach beruflichem Engagement in der Bezirksverwaltung Neubau und der Geschäftsführung von Global 2000, seit Jänner 2020 Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Zur Frage nach den Herausforderungen für die Logistikbranche im Zusammenhang mit Klimaschutz, den Antriebsystemen der Zukunft und der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung wies FBM zuallererst darauf hin, dass sich Österreich ganz klar zum Klimaschutz bekannt hat. Bis zum Jahr 2040 müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors nahezu vollständig eliminiert werden, und das, in Ihren Augen, sei eine Mammutaufgabe!
Wege dahin werden im demnächst erscheinenden Mobilitätsmasterplan 2030 des BMK aufgezeigt.
Zusammengefasst ist das im Wesentlichen im obersten Leitsatz: vermeiden – verlagern – verbessern.
Die historischen Steigerungsraten im Verkehrssektor, so die Ministerin, dürfen nicht linear proportional mit dem Wirtschaftswachstum mitsteigen. Es muss vielmehr eine Trendumkehr erreicht werden, ohne die Lieferketten zu gefährden oder die Kreislaufwirtschaft zu beeinträchtigen. Unterstützt werden kann das durch die Megatrends Digitalisierung und regionale Raumkonzepte.
Verlagern kann durch eine Stärkung des Güterverkehrs auf der Schiene erreicht werden (aktuelle Konzepte des Mülltransportes) unterstützt durch zahlreiche Maßnahmen im Kombinierten und im Unbegleiteten Kombinierten Verkehr.
Verbessern erfordert eine Vollelektrifizierung des Schienenverkehrs, was in weiten Teilen schon erreicht ist, die größeren Herausforderungen sieht die Ministerin aber auf der Straße.
Hier versucht man die guten Entwicklungen mit einem gezielten Einsatz der Fördermittel zu steuern. Der Bereich der Klein-LKW ist technisch mittlerweile gut abgedeckt, problematisch ist es in der Klasse der schweren Nutzfahrzeuge, die derzeit noch ziemlich technologieoffen sind. Stand der Technik scheint derzeit die Brennstoffzellentechnologie zu sein, aber auch über das Konzept der Oberleitung für LKW wird nachgedacht. Das Thema Verkehr muss aber auf jeden Fall eingebettet in einem Gesamtenergiekonzept betrachtet werden.
Im Weiteren wird die ökosoziale Steuerreform einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele beitragen müssen. Es braucht dafür tragfähige Systeme, so die Ministerin, daher sucht sie ganz bewusst Austausch mit allen relevanten Partnern, damit Logistikleistungen gut aber auch klimafreundlich dargestellt werden können.
Unsere zweite Frage zur Coronakrise, globalisierte Lieferketten, Versorgungssicherheit und Wiederaufbau im Zusammenhang mit der Logistikbranche, beantwortete die Ministerin mit einer klaren Bestätigung, dass uns Corona die Verletzlichkeit unserer Lieferketten klar gezeigt hat. Grenzüberschreitende Kooperationen waren gefragt und die Erkenntnis, dass besonders Menschen, also das Schlüsselpersonal, in Krisensituationen in Zukunft, besonders zu bedenken sind.
Nachdem jede Krise auch einen Umbruch bedeutet, begrüßt die Ministerin den RRF-Fonds (Recovery and Resilience Facility der EU) sehr, um die bevorstehende Transformation zu finanzieren.
Ein Teil der, von der EU bereitgestellten Mittel für den Corona-Wiederaufbau (für Österreich EUR 50 Mio.), werden derzeit zum Beispiel für die Förderung der Mehrkosten für die elektrischen Nutzfahrzeuge der Klasse N1 (Klein-LKW) bereitgestellt. Weiters wird es Förderungen für die Klasse der schweren Nutzfahrzeuge geben, die nicht nur in Einzelprojekte fließen wird.
Unsere dritte Frage war in Richtung Frauenförderung gerichtet, vor allem in der Mobilitäts- und Logistikbranche, sowohl in den Führungspositionen aber auch in allen untergeordneten Ebenen.
Geschlechtergerechtigkeit streicht FBM als ihr großes persönliches Anliegen hervor. Aus ihrer Sicht muss man sehr früh ansetzen, diese Berufe für Mädchen und junge Frauen interessant zu machen.
Sehr bewusst setzt sich die Ministerin für Frauen in Aufsichtsräten ein, in Unternehmen mit Beteiligung des BMK ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten von 37% auf 49% gesteigert worden. Die Ausrede: die Frauen dafür gibt es nicht, lässt die Ministerin nicht gelten, man müsse diese Positionen einfach nur mit Frauen besetzen!
Ansetzen muss man zur Steigerung des Frauenanteils, so die Ministerin, im Recruiting und in der Qualifizierung. Einer der Hebel ist die Lehrlingsausbildung, gerade da sieht FBM die Vorreiterrolle des öffentlichen Dienstes auch die Datenbank FEMTEC steht als Ressource kompetenter und erfolgreicher Frauen zur Verfügung.
Am wichtigsten, darauf weist die Ministerin ausdrücklich hin, ist immer Solidarität und Vernetzung von Frauen und Netzwerke spielen dabei eine ganz wichtige Rolle.
Für einige weitere Fragen standen uns Judith Engel, Sarah Bittner-Krautsack und Cornelia Breuss im Anschluss zur Verfügung.
Beitrag verfasst von Beate Färber-Venz